Leitartikel in der Südwestpresse von Roland Müller zur Ethik unseres Öl-Konsums
Blutiges Benzin
Ist die Milch „bio“? Stammt der Kaffee aus fairem Anbau?
Unterstütze ich ausbeuterische Arbeitsbedingungen in Bangladesch,
wenn ich dieses T-Shirt kaufe? Fördert diese Dose Makrelen die
Überfischung der Meere? Dass wir unsere Konsumentscheidungen
ethisch prüfen (oder prüfen lassen müssen), ist Normalität
geworden – zu Recht. In einer globalisierten Welt sind mündige
Verbraucher ein mächtiger Spieler. Nur: Wann hat zum letzten Mal
jemand hinterfragt, wo das Geld landet, das er an der Tankstelle
für seinen Sprit bezahlt?
Aktuell wirft der bizarre Mord an dem saudischen Dissidenten Jamal
Khashoggi ein Schlaglicht darauf, welch dekadentes und
skrupelloses Regime in Saudi-Arabien an der Macht ist. Die
Empörung ist riesig, mit Abscheu wird auf US-amerikanische und
deutsche Rüstungsdeals mit Riad geblickt. Doch dass die Scheichs
großen Einfluss genießen und mit Milliarden um sich werfen können,
liegt nicht an Panzer-Deals, sondern am Öl-Hunger der Welt – und
unseren Mobilitätsgewohnheiten.
Die Liste der Übel, die mit Öl-Milliarden gepäppelte Regime
weltweit angerichtet haben und anrichten, ist lang. Im ersten
Golfkrieg zwischen Iran und Irak starben rund eine Millionen
Menschen, das Töten endete erst, als die Öl-Industrie auf beiden
Seiten fast zerstört war. Die Terrortruppen Al-Kaida und IS wären
ohne ideologische und finanzielle Befruchtung aus Saudi-Arabien
undenkbar. Russland versucht, Demokratien mit Wahlbeeinflussung
und Desinformation zu destabilisieren – und Katar korrumpiert mit
seinen Milliarden den Weltsport. Der Lebenssaft der Weltwirtschaft
ist ein süßes Gift, das Diktaturen und Terrorismus gedeihen lässt.
Dass es in Form der Opec sogar ein Kartell gibt, das den Preis
künstlich hochhält, haben wir längst achselzuckend akzeptiert. Es
ist ein faustischer Pakt, den wir mit jeder Tankfüllung und mit
jedem Druck aufs Gaspedal aufs Neue unterstützen.
All diese Fakten sind bekannt. Doch sie zeigen, dass es eben nicht
nur ökologische Gründe gibt, die für den Umstieg auf erneuerbare
Quellen und „saubere“ Mobilität sprechen. Mit der Energiewende den
Terrorismus austrocknen – das wäre doch mal ein Slogan für jene,
denen die Rettung der der Welt vor dem Klimawandel nicht genug
ist. Doch neue Energien werden aktuell oftmals sehr kritisch
hinterfragt: Macht man sich von China abhängig, wenn Solar- und
Batteriezellen vorrangig von dort kommen? Wie geht es in den
Kobalt-Minen im Kongo zu, aus denen wichtige Rohstoffe stammen?
Ist es fair, wenn Hartz-IV-Empfänger per Strompreis die
Solaranlagen von Hausbesitzern finanzieren? Gibt es
„Energie-Armut“? Diese Fragen sind richtig und berechtigt – doch
den ethischen Status Quo der Ölwirtschaft, an den wir uns seit
Jahrzehnten gewöhnt haben, sollte man eben nicht ausblenden. Denn
zur Wahrheit gehört, dass wir im Autoland Deutschland nicht nur
Benzin im Blut haben – sondern dass im Benzin auch jede Menge Blut
schwimmt.
Blutiges Benzin
Ist die Milch „bio“? Stammt der Kaffee aus fairem Anbau?
Unterstütze ich ausbeuterische Arbeitsbedingungen in Bangladesch,
wenn ich dieses T-Shirt kaufe? Fördert diese Dose Makrelen die
Überfischung der Meere? Dass wir unsere Konsumentscheidungen
ethisch prüfen (oder prüfen lassen müssen), ist Normalität
geworden – zu Recht. In einer globalisierten Welt sind mündige
Verbraucher ein mächtiger Spieler. Nur: Wann hat zum letzten Mal
jemand hinterfragt, wo das Geld landet, das er an der Tankstelle
für seinen Sprit bezahlt?
Aktuell wirft der bizarre Mord an dem saudischen Dissidenten Jamal
Khashoggi ein Schlaglicht darauf, welch dekadentes und
skrupelloses Regime in Saudi-Arabien an der Macht ist. Die
Empörung ist riesig, mit Abscheu wird auf US-amerikanische und
deutsche Rüstungsdeals mit Riad geblickt. Doch dass die Scheichs
großen Einfluss genießen und mit Milliarden um sich werfen können,
liegt nicht an Panzer-Deals, sondern am Öl-Hunger der Welt – und
unseren Mobilitätsgewohnheiten.
Die Liste der Übel, die mit Öl-Milliarden gepäppelte Regime
weltweit angerichtet haben und anrichten, ist lang. Im ersten
Golfkrieg zwischen Iran und Irak starben rund eine Millionen
Menschen, das Töten endete erst, als die Öl-Industrie auf beiden
Seiten fast zerstört war. Die Terrortruppen Al-Kaida und IS wären
ohne ideologische und finanzielle Befruchtung aus Saudi-Arabien
undenkbar. Russland versucht, Demokratien mit Wahlbeeinflussung
und Desinformation zu destabilisieren – und Katar korrumpiert mit
seinen Milliarden den Weltsport. Der Lebenssaft der Weltwirtschaft
ist ein süßes Gift, das Diktaturen und Terrorismus gedeihen lässt.
Dass es in Form der Opec sogar ein Kartell gibt, das den Preis
künstlich hochhält, haben wir längst achselzuckend akzeptiert. Es
ist ein faustischer Pakt, den wir mit jeder Tankfüllung und mit
jedem Druck aufs Gaspedal aufs Neue unterstützen.
All diese Fakten sind bekannt. Doch sie zeigen, dass es eben nicht
nur ökologische Gründe gibt, die für den Umstieg auf erneuerbare
Quellen und „saubere“ Mobilität sprechen. Mit der Energiewende den
Terrorismus austrocknen – das wäre doch mal ein Slogan für jene,
denen die Rettung der der Welt vor dem Klimawandel nicht genug
ist. Doch neue Energien werden aktuell oftmals sehr kritisch
hinterfragt: Macht man sich von China abhängig, wenn Solar- und
Batteriezellen vorrangig von dort kommen? Wie geht es in den
Kobalt-Minen im Kongo zu, aus denen wichtige Rohstoffe stammen?
Ist es fair, wenn Hartz-IV-Empfänger per Strompreis die
Solaranlagen von Hausbesitzern finanzieren? Gibt es
„Energie-Armut“? Diese Fragen sind richtig und berechtigt – doch
den ethischen Status Quo der Ölwirtschaft, an den wir uns seit
Jahrzehnten gewöhnt haben, sollte man eben nicht ausblenden. Denn
zur Wahrheit gehört, dass wir im Autoland Deutschland nicht nur
Benzin im Blut haben – sondern dass im Benzin auch jede Menge Blut
schwimmt.
Es grüßt Martin vom westlichen Ende des Bodensee.
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e-Golf seit 01.03.18 und i-MiEV seit Juni 16.
Erneuerbare-Energien-Fan und Kraftwerksbetreiber (3 PV-Anlagen mit insgesamt 22kWp)
"Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Schritte tun, können das Gesicht der Welt verändern." (afrikanisches Sprichwort)
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e-Golf seit 01.03.18 und i-MiEV seit Juni 16.
Erneuerbare-Energien-Fan und Kraftwerksbetreiber (3 PV-Anlagen mit insgesamt 22kWp)
"Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Schritte tun, können das Gesicht der Welt verändern." (afrikanisches Sprichwort)