Volkswagen hat an den neuen ID so hohe Erwartungen wie einst an den Golf. Der Wagen soll den Konzern in die Elektroepoche führen. Hält das Modell, was sich die Konstrukteure von ihm versprechen?
Wenn VW-Entwicklungsvorstand Frank Welsch mit dem Prototypen des ID um die Ecke biegt, rauscht der Wagen wie ein Raumschiff heran. Das Geräusch wurde eigens für dieses Modell komponiert. Es klingt viel futuristischer als der obligatorische Warnton anderer Elektroautos.
Kein Wunder, denn hier fährt das erste Auto von VW vor, das von vorn herein für die Elektromobilität entwickelt wurde. Zuvor hatte der Konzern die eher schlecht als recht umgerüsteten E-Versionen von Up und Golf am Start.
Nun muss der ID für Volkswagen die Zeitenwende bringen, den endgültigen Aufbruch in die Elektroepoche. Ein Batteriefahrzeug für jeden; bezahlbar, praktisch und einfach - der Kompaktwagen soll für das Unternehmen so etwas wie ein neuer Golf werden. Der ist das meistverkaufte Auto der Marke und seit Jahrzehnten die Nummer eins in Deutschland.
Getarnt mit schwarz-weißer Klebefolie, bekommt das Auto in Südafrika seinen letzten Schliff. Ende nächsten Jahres beginnt in Zwickau die Produktion, und im Frühjahr 2020 soll der ID - der aktuell unter dem Codenamen Neo geführt wird - in den Handel kommen.
VW ist spät dran: Kia hat schon den E-Niro, Hyundai den Ioniq, Opel den Ampera-E. Die Entwickler bei Volkswagen lassen sich über die Schulter schauen und geben sogar mal den Platz hinterm Lenkrad frei - auch, weil der Konzern nach dem Abgasskandal alles für ein sauberes Image tut.
"So viel wie ein gut ausgestatteter Golf Diesel"
"Wir zielen auf die gleichen Kunden und wollen sie mit den gleichen Eigenschaften überzeugen", sagt Welsch mit Blick auf die Golf-Klientel und steckt damit auch den Preisrahmen ab: "So viel wie ein gut ausgestatteter Golf Diesel" soll der ID kosten. Wer das mit "knapp unter 30.000 Euro" übersetzt, erhält von Welsch keinen Widerspruch.
Wie der Golf bietet der ID aber auch kein spektakuläres, sondern ein im positiven Sinne alltägliches, gewAber Welsch geht es anders als Tesla-Chef Elon Musk nicht darum, den Kunden beim Spurt den Atem zu rauben oder ihnen aberwitzige Höchstgeschwindigkeiten zu versprechen. Diesen Kampf sollen Konzernmarken wie Audi oder Porsche ausfechten. Der VW-Entwicklungschef will die Angst vor dem leeren Akku nehmen und den Umstieg so leicht wie möglich machen.
Eine Art elektrischer GTI soll folgen
Selbst wenn der Vorwärts-Rückwärts-Schalter wie beim BMW i3 jetzt neben dem Tacho montiert ist, muss man sich am Steuer nicht groß umstellen. Einsteigen, anlassen, losfahren, das funktioniert im ID so wie im Golf. Und dass der Stromer mit Rücksicht auf die Reichweite irgendwo zwischen 160 und 180 Kilometern pro Stunde abgeregelt wird, dürfte im ID kaum jemanden stören - zumal Welsch schon jetzt mit einem elektrischen Pendant zum GTI liebäugelt, "weil auch bei der Elektromobilität die Emotionen nicht zu kurz kommen dürfen".öhnliches Fahrerlebnis. Er beschleunigt an der Ampel zügig, fährt flott auf der Landstraße, und das Überholen ist keine Mutprobe.
Fürs erste wird es den ID wohl nur mit einer Motorvariante mit um die 150 kW, aber drei Akku-Paketen geben. Selbst die kleinste Batterie soll auf eine Reichweite von 330 Kilometern kommen (WLTP-Messverfahren), für den größten stellt VW 550 Kilometer in Aussicht.
Cockpit des ID setzt neue Maßstäbe
Dass sich der ID trotzdem anders anfühlt als der Golf, hat nur indirekt mit dem Antrieb zu tun. Zum einen liegt das an der Plattform, die erst mit dem Abschied vom Verbrenner möglich wird. Mit dem Akku im Boden und dem kleinen E-Motor an der Hinterachse wird der Radstand um etwa zehn Zentimeter gestreckt. Der ID bietet bei einer ähnlichen Länge von 4,25 Metern vor allem auf der Rückbank spürbar mehr Platz als sein konventioneller Cousin - auch, weil der Mitteltunnel im Fußraum überflüssig wird.
Zum anderen macht das Anzeige- und Bedienkonzept den Unterschied. Während das Steilheck zumindest unter der Tarnung gewöhnlich wirkt, ist das Cockpit des ID ein, zwei Generationen weiter. Wer bei der Testfahrt kurz die Tarnmatten um das Lenkrad lüftet, sieht nur ein kleines digitales Kombiinstrument und einen großen Touchscreen mit kunterbunten Grafiken.
Abbiegepfeile im Head-Up-Display zeigen auf die Straßen
Es gibt ein Head-Up-Display, das nicht nur Grafiken in die Frontscheibe projiziert, sondern seine Anzeigen erstmals an die reale Umgebung anpasst. Die Grafik wirkt weiter entfernt, und die Navigationspfeile weisen nicht nur nach links oder rechts, sondern zeigen tatsächlich in die Straße, die man nehmen muss.
Außer den Fensterhebern werden alle Schalter durch Sensorfelder ersetzt. Ein neues Beleuchtungskonzept soll die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine erleichtern. Dafür ist unter der Frontscheibe eine Leiste mit Lauflichtern eingezogen, die vorm Abbiegen die Richtung vorgeben, eingehende Anrufe anzeigen oder beim Laden Auskunft über den Akku-Füllstand geben.
Was den ID für Welsch so wichtig macht, ist aber nicht allein seine Rolle als erstes dezidiertes Elektroauto. Mit dem ID führt VW auch den Elektrobaukasten MEB ein, aus dem alle künftigen Elektroautos der Marke und der meisten Konzerntöchtern entstehen sollen. Bis 2022 sollen das 27 Autos sein.
Zahlreiche weitere Modelle mit dem Elektrobaukasten geplant
Der Baukasten ist im Radstand flexibel und bekommt eine Batterie, deren Form Welsch mit einer Tafel Schokolade vergleicht. Sie lässt sich Zellreihe um Zellreihe erweitern und bringt es auf Kapazitäten von mehr als 100 kWh. Zudem ermöglicht der Baukasten mit einem Motor pro Achse Allradantrieb.
Allein in den nächsten drei Jahren will VW mit diesem Konzept fünf Autos bauen. Auf den Neo folgt noch 2020 ein Crossover im Format des Tiguan, bevor es den E-Bulli ID Buzz und eine Limousine als Nachfolger des Phaeton geben wird. "Wenn wir bis 2025 tatsächlich zwischen 15 und 20 Prozent unseres Absatzes mit Elektroautos machen wollen, müssen wir schnell eine entsprechende Auswahl bieten", sagt Welsch.
So bedeutend die Elektroarchitektur ist, so viel Arbeit macht sie den Entwicklern, sagt Baureihen-Chef Frank Bekemeier. Im MEB müssten die Ingenieure alles neu entwickeln: "Mit dem Golf haben wir deshalb nur noch ein paar Scharniere und die Türgriffe gemein." Vergleichbar ist hingegen der Anspruch: Der ID soll ebenfalls ein Bestseller werden.
Quelle: spiegel.de
Wenn VW-Entwicklungsvorstand Frank Welsch mit dem Prototypen des ID um die Ecke biegt, rauscht der Wagen wie ein Raumschiff heran. Das Geräusch wurde eigens für dieses Modell komponiert. Es klingt viel futuristischer als der obligatorische Warnton anderer Elektroautos.
Kein Wunder, denn hier fährt das erste Auto von VW vor, das von vorn herein für die Elektromobilität entwickelt wurde. Zuvor hatte der Konzern die eher schlecht als recht umgerüsteten E-Versionen von Up und Golf am Start.
Nun muss der ID für Volkswagen die Zeitenwende bringen, den endgültigen Aufbruch in die Elektroepoche. Ein Batteriefahrzeug für jeden; bezahlbar, praktisch und einfach - der Kompaktwagen soll für das Unternehmen so etwas wie ein neuer Golf werden. Der ist das meistverkaufte Auto der Marke und seit Jahrzehnten die Nummer eins in Deutschland.
Getarnt mit schwarz-weißer Klebefolie, bekommt das Auto in Südafrika seinen letzten Schliff. Ende nächsten Jahres beginnt in Zwickau die Produktion, und im Frühjahr 2020 soll der ID - der aktuell unter dem Codenamen Neo geführt wird - in den Handel kommen.
VW ist spät dran: Kia hat schon den E-Niro, Hyundai den Ioniq, Opel den Ampera-E. Die Entwickler bei Volkswagen lassen sich über die Schulter schauen und geben sogar mal den Platz hinterm Lenkrad frei - auch, weil der Konzern nach dem Abgasskandal alles für ein sauberes Image tut.
"So viel wie ein gut ausgestatteter Golf Diesel"
"Wir zielen auf die gleichen Kunden und wollen sie mit den gleichen Eigenschaften überzeugen", sagt Welsch mit Blick auf die Golf-Klientel und steckt damit auch den Preisrahmen ab: "So viel wie ein gut ausgestatteter Golf Diesel" soll der ID kosten. Wer das mit "knapp unter 30.000 Euro" übersetzt, erhält von Welsch keinen Widerspruch.
Wie der Golf bietet der ID aber auch kein spektakuläres, sondern ein im positiven Sinne alltägliches, gewAber Welsch geht es anders als Tesla-Chef Elon Musk nicht darum, den Kunden beim Spurt den Atem zu rauben oder ihnen aberwitzige Höchstgeschwindigkeiten zu versprechen. Diesen Kampf sollen Konzernmarken wie Audi oder Porsche ausfechten. Der VW-Entwicklungschef will die Angst vor dem leeren Akku nehmen und den Umstieg so leicht wie möglich machen.
Eine Art elektrischer GTI soll folgen
Selbst wenn der Vorwärts-Rückwärts-Schalter wie beim BMW i3 jetzt neben dem Tacho montiert ist, muss man sich am Steuer nicht groß umstellen. Einsteigen, anlassen, losfahren, das funktioniert im ID so wie im Golf. Und dass der Stromer mit Rücksicht auf die Reichweite irgendwo zwischen 160 und 180 Kilometern pro Stunde abgeregelt wird, dürfte im ID kaum jemanden stören - zumal Welsch schon jetzt mit einem elektrischen Pendant zum GTI liebäugelt, "weil auch bei der Elektromobilität die Emotionen nicht zu kurz kommen dürfen".öhnliches Fahrerlebnis. Er beschleunigt an der Ampel zügig, fährt flott auf der Landstraße, und das Überholen ist keine Mutprobe.
Fürs erste wird es den ID wohl nur mit einer Motorvariante mit um die 150 kW, aber drei Akku-Paketen geben. Selbst die kleinste Batterie soll auf eine Reichweite von 330 Kilometern kommen (WLTP-Messverfahren), für den größten stellt VW 550 Kilometer in Aussicht.
Cockpit des ID setzt neue Maßstäbe
Dass sich der ID trotzdem anders anfühlt als der Golf, hat nur indirekt mit dem Antrieb zu tun. Zum einen liegt das an der Plattform, die erst mit dem Abschied vom Verbrenner möglich wird. Mit dem Akku im Boden und dem kleinen E-Motor an der Hinterachse wird der Radstand um etwa zehn Zentimeter gestreckt. Der ID bietet bei einer ähnlichen Länge von 4,25 Metern vor allem auf der Rückbank spürbar mehr Platz als sein konventioneller Cousin - auch, weil der Mitteltunnel im Fußraum überflüssig wird.
Zum anderen macht das Anzeige- und Bedienkonzept den Unterschied. Während das Steilheck zumindest unter der Tarnung gewöhnlich wirkt, ist das Cockpit des ID ein, zwei Generationen weiter. Wer bei der Testfahrt kurz die Tarnmatten um das Lenkrad lüftet, sieht nur ein kleines digitales Kombiinstrument und einen großen Touchscreen mit kunterbunten Grafiken.
Abbiegepfeile im Head-Up-Display zeigen auf die Straßen
Es gibt ein Head-Up-Display, das nicht nur Grafiken in die Frontscheibe projiziert, sondern seine Anzeigen erstmals an die reale Umgebung anpasst. Die Grafik wirkt weiter entfernt, und die Navigationspfeile weisen nicht nur nach links oder rechts, sondern zeigen tatsächlich in die Straße, die man nehmen muss.
Außer den Fensterhebern werden alle Schalter durch Sensorfelder ersetzt. Ein neues Beleuchtungskonzept soll die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine erleichtern. Dafür ist unter der Frontscheibe eine Leiste mit Lauflichtern eingezogen, die vorm Abbiegen die Richtung vorgeben, eingehende Anrufe anzeigen oder beim Laden Auskunft über den Akku-Füllstand geben.
Was den ID für Welsch so wichtig macht, ist aber nicht allein seine Rolle als erstes dezidiertes Elektroauto. Mit dem ID führt VW auch den Elektrobaukasten MEB ein, aus dem alle künftigen Elektroautos der Marke und der meisten Konzerntöchtern entstehen sollen. Bis 2022 sollen das 27 Autos sein.
Zahlreiche weitere Modelle mit dem Elektrobaukasten geplant
Der Baukasten ist im Radstand flexibel und bekommt eine Batterie, deren Form Welsch mit einer Tafel Schokolade vergleicht. Sie lässt sich Zellreihe um Zellreihe erweitern und bringt es auf Kapazitäten von mehr als 100 kWh. Zudem ermöglicht der Baukasten mit einem Motor pro Achse Allradantrieb.
Allein in den nächsten drei Jahren will VW mit diesem Konzept fünf Autos bauen. Auf den Neo folgt noch 2020 ein Crossover im Format des Tiguan, bevor es den E-Bulli ID Buzz und eine Limousine als Nachfolger des Phaeton geben wird. "Wenn wir bis 2025 tatsächlich zwischen 15 und 20 Prozent unseres Absatzes mit Elektroautos machen wollen, müssen wir schnell eine entsprechende Auswahl bieten", sagt Welsch.
So bedeutend die Elektroarchitektur ist, so viel Arbeit macht sie den Entwicklern, sagt Baureihen-Chef Frank Bekemeier. Im MEB müssten die Ingenieure alles neu entwickeln: "Mit dem Golf haben wir deshalb nur noch ein paar Scharniere und die Türgriffe gemein." Vergleichbar ist hingegen der Anspruch: Der ID soll ebenfalls ein Bestseller werden.
Quelle: spiegel.de
Gruß
Uwe
Uwe