Interview mit Opel-Chef Lohscheller: "Wir bauen den Volks-Elektro-Wagen"

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    • Interview mit Opel-Chef Lohscheller: "Wir bauen den Volks-Elektro-Wagen"

      Opel-Vorstandschef Michael Lohscheller äußert sich im Interview mit der Automobilwoche zu einem äußerst herausfordernden Jahr. 2019 startet Opel in die nächste Phase des Restrukturierungsplans "Pace", die ersten eigenen elektrifizierten Modelle kommen auf den Markt – und ein neuer Händlervertrag will mit Leben gefüllt werden.

      Herr Lohscheller, Opel beteiligt sich am Projekt „Electric City Rüsselsheim", kurz ECR. Dessen Ziel ist nicht weniger denn die höchste Ladesäulendichte in Mitteleuropa. Wie viele „Zapfstellen" für E-Autos sollen rund um den Stammsitz von Opel verfügbar sein?
      Im Stadtgebiet Rüsselsheim werden bis zu 1300 Ladepunkte installiert. Eine solche Dichte ist in Mitteleuropa wirklich einzigartig.

      Und wie viele Ladesäulen lassen Sie direkt auf dem Opel-Gelände anschließen?
      Auf unserem eigenen Gelände werden bis zu 600 Ladepunkte öffentlich verfügbar sein. Für das Projekt hat Opel Parkplatzflächen bereitgestellt, die nach Beendigung der Bauarbeiten öffentlich zugänglich sein werden. Darüber hinaus werden rund 350 Parkplätze für die Opel-Dienstwagenflotte mit Ladesäulen ausgestattet.

      Wie wird ECR finanziert?
      Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen des Sofortprogramms „Saubere Luft 2017 – 2020" gefördert. Das BMWi übernimmt rund 13 Millionen Euro für das Gesamtprojekt. Opel investiert den größten Teil der finanziellen Aufwendungen für die Ladesäulen und den Aufbau einer intelligenten Infrastruktur auf dem Unternehmensgelände. Und wir halten obendrein wie schon erwähnt die Parkplatzflächen für die Öffentlichkeit vor.

      Dürfen auf den Parkplätzen, die Opel der Öffentlichkeit offeriert, auch Fremdfabrikate parken und laden?
      Ja, sofern sie den Parkplatz zum Laden nutzen.

      Wie lange werden Sie für die besagten Einrichtungen benötigen?
      Wir beginnen Anfang 2019 mit der Installation der Ladesäulen und sind zuversichtlich, dass bereits zur Mitte des Jahres ein großer Teil der Ladepunkte installiert sein wird.

      Und wie viele Ladepunkte existieren schon jetzt auf dem Gelände von Opel?
      Derzeit gibt es etwa 100 nicht-intelligente Ladepunkte auf dem Opel-Gelände, die erweitert und sukzessive auf intelligente Ladepunkte umgestellt werden.

      Eine erstaunlich hohe Anzahl angesichts der Tatsache, dass Opel als E-Mobil derzeit nur den Ampera-e auf dem Markt hat.
      Da haben Sie recht. Doch bereits im ersten Halbjahr 2019 öffnen die Bestellbücher für die vollelektrische Variante des Corsa und den Grandland X PHEV. Im Jahr 2020 werden dann weitere elektrische Varianten unserer Modelle auf den Markt rollen. Zum einen der Nachfolger des Vivaro, womit wir den Elektroantrieb auch in die Transporter-Welt bringen. Zum anderen der Nachfolger eines weiteren Bestsellers, unseres Mokka X. Damit werden wir bis 2020 einen ganz wesentlichen Teil unseres Angebots in wichtigen Segmenten elektrifiziert haben – Kleinwagen, Vans und die äußerst beliebten SUVs. Bis 2024 werden dann alle unsere Fahrzeuge auch als elektrifizierte Variante verfügbar sein - in unserer Heimatstadt ist dann die dafür notwendige Ladeinfrastruktur aufgebaut.

      Ist die Technologie der Brennstoffzelle auf lange Sicht der Batterie nicht überlegen? Wäre der Ausbau einer Ladeinfrastruktur für Wasserstoff nicht besser als einer für Strom?
      Auch für uns gehört die Brennstoffzelle zu den Zukunftstechnologien, denn sie spielt eine zentrale Rolle bei der Elektromobilität. Deshalb haben wir in unserem Rüsselsheimer Entwicklungszentrum auch ein Center of Competence für die gesamte Groupe PSA zur Erforschung der Brennstoffzelle eingerichtet. Die Wasserstofftechnologie eignet sich für große Autos, mit denen man lange Strecken zurücklegt, aber die Technologie ist derzeit noch nicht wettbewerbsfähig. BEVs (battery electric vehicles) sind der erste Schritt, um Autos zu elektrifizieren, die regelmäßig kurze Strecken zurücklegen und dazwischen länger geparkt sind. Die Autos unserer Mitarbeiter parken in der Regel acht Stunden auf dem Opel-Gelände, das gibt viel Flexibilität für das Laden. BEVs sind für dieses Fahrverhalten also die beste Lösung.

      Zumal die EU die CO2-Grenzwerte für Verbrenner jüngst verschärft hat. Was wird das bis 2030 für die Kunden bedeuten?
      Eines ist völlig klar: Mobilität wird teurer werden. Daran führt kein Weg vorbei. Diese Entwicklung ist vergleichbar mit dem Aufpreis für Bio-Nahrung. Bestimmte Modelle und Motoren werden auf lange Sicht entfallen. Für uns bedeutet das langfristig aber auch eine erfreuliche Reduzierung der Komplexität.

      Mit der Umsetzung des PACE-Plans werde Opel „deutscher als je zuvor", werden Sie zu betonen nicht müde. Was genau ist damit gemeint?
      Ganz wichtig ist, dass wir nun als Teil der PSA-Gruppe das enorm wichtige Design unserer Autos komplett in Deutschland bestimmen – ohne uns wie zu General Motors-Zeiten mit Schwestermarken wie Buick und Holden abstimmen zu müssen. Zudem entwickeln wir ausnahmslos alle Opel hier in Rüsselsheim. Das war in der GM-Zeit nicht immer so. Auch schärfen wir unseren Fokus auf deutsche Qualität und Zuverlässigkeit; ein Opel muss auch bei hohen Geschwindigkeiten auf der Autobahn fahren wie ein Opel. Und der „Blitz" macht traditionell technische Innovationen der Breite der Gesellschaft verfügbar. Denken Sie nur an Innovationen aus der Oberklasse, wie das Matrix LED-Licht, in unserem Astra. Oder an die erwähnten E-Modelle: Wir bei Opel nennen den vollelektrischen Corsa schon heute bewusst „Volks-Elektro-Wagen" und eben nicht „Tesla-Fighter."

      Nicht nur die Kunden müssen da mitspielen, Ihre Vertriebs- und Servicepartner müssen es auch. Opel hat jüngst neue Händlerverträge vorgelegt, was wird sich damit im Detail ändern?
      Bei der Vergütung werden wir uns weniger auf die Erfüllung von Standards durch den Händler konzentrieren, sondern mehr auf seine individuelle Leistung. Statt Margen zu zahlen, nur um sicherzustellen, dass bestimmte Standards von unseren Händlern eingehalten werden, werden wir einen leistungsabhängigen Bonus zahlen, der sich an den Verkaufszahlen und der Kundenzufriedenheit orientiert.

      Warum sollte das den Handel generell erfreuen?
      Weil es Chancen auf zusätzlichen Gewinn für unsere leistungsstarken Händler schafft. Wir wollen aber auch die Komplexität reduzieren, indem wir den Verkauf von Nutzfahrzeugen und Personenkraftwagen in nur einem Vertrag regeln statt in unterschiedlichen Regelwerken. Daher bieten wir künftig jedem Opel-Händler die Möglichkeit, sowohl Nutzfahrzeuge als auch Pkws zu verkaufen – ausdrücklich auch die immer wichtigeren „Low emission vehicles."

      Wann sind die Händlerverträge das letzte Mal geändert worden?
      Unsere aktuellen Verträge sind 2013 in Kraft getreten.

      Und wie viele Kontrakte sind aktuell in Deutschland und Europa betroffen?
      Heute haben wir in Europa Verträge mit mehr als 1700 Händlern und 1700 autorisierten Vertragswerkstätten. In Deutschland geht es um fast 400 Händlerverträge. In Europa haben wir rund 3700 Standorte, in Deutschland sind es rund 1150. Ganz neu ist: Die europäischen Händler haben unseren Verträgen ebenfalls mehrheitlich zugestimmt.

      Sind hierzulande noch "weiße Flecken" im Händlernetz zu eliminieren?
      Unter dem Strich ist es schon sehr dicht geknüpft. Hier und da gibt es dennoch einige „Open Points" zu besetzen, so zum Beispiel in Saarbrücken.

      Wie entwickeln sich die durchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten für Opel-Händler?
      Unser Ziel ist es, Leistung und Rentabilität auch innerhalb des Händlernetzes zu steigern, indem wir den leistungsstarken Händlern Chancen auf zusätzlichen Gewinn bieten.

      Stichwort „Digitalisierung": Werden traditionelle Händler in Zukunft weniger wichtig sein?
      Unsere Händler sind und bleiben unser wichtigster Zugang zum Markt, sie bleiben auch unser Gesicht zum Kunden. Indem wir einfacher, schneller und auch innovativer in der Zusammenarbeit werden, richten wir uns und das Händlernetz auf Veränderungen im Kundenverhalten aus.

      Bekommen Opel-Händler die zusätzliche Möglichkeit, die anderen Groupe PSA-Marken zu verkaufen und ebenso umgekehrt?
      Dort, wo wir starke und dauerhaft leistungsstarke Opel-Händler haben und eine andere Marke der Groupe PSA nicht vertreten ist sowie Investoren sucht, vermitteln wir gern den Kontakt. In jedem Fall müsste jede Marke vor dem Kunden aber ihre eigene Identität und Ausrichtung behalten. Dasselbe würde umgekehrt gelten.

      Wenn Opels CEO einen Wunsch frei hätte, um ein Auto nach seinem Herzen entwickeln zu lassen – was wohl wäre das für ein Fahrzeug?
      Seien Sie versichert – wir haben so mache interessante Idee. Mein Traumwagen wäre die Neuauflage eines Opel Manta A. Er hat schon Pate gestanden für die Front unseres jüngsten Konzeptautos GTX Experimental. Natürlich wäre so ein Modell rein elektrisch angetrieben. Ein solcher Markenleuchtturm hätte große Strahlkraft. Aber ein Sportwagen ist derzeit keine Priorität für uns. Wir fokussieren uns auf volumenstarke Segmente. Und mit den insgesamt acht neuen oder überarbeiteten Modellen, die wir allein von Anfang 2019 bis Ende 2020 bringen, haben wir starke Pfeile im Köcher. Damit werden wir wertvolle Impulse für die Marke und unsere Verkäufe setzen.

      Quelle: automobilwoche.de
      Gruß
      Uwe
    • e-Golf_70794 schrieb:

      Ich dachte immer, dass der Corsa in der Polo-Liga spielt.
      Weiß nicht, vielleicht aus technischer Sicht?! Ich habe sowohl verschiedene (e-)Golfs und den Corsa D jahrelang gefahren: für mich subjektiv dieselbe Liga. Mit dem riesen Vorteil beim Corsa: der geniale integrierte Fahrrad-Heckträger! Der wurde (leider) von den meisten gar nicht beachtet, würde für mach aber beim nächsten e-Fahrzeug den Ausschlag geben. :s05:
      Gruß, Jürgen (ab 11/17)
      "Die Dauer um von A nach B zu kommen, wird von Strecke und Durchschnittsgeschwindigkeit bestimmt, NICHT von der Höchstgeschwindigkeit."
    • Das mit dem Fahrradträger wäre auch für mich eines unter mehreren Kaufkriterien.
      Bei der Klasseneinteilung hatte ich eigentlich Kadett/Astra und Golf auf einer Ebene gesehen. Aber sei's drum: Die Grenzen sind fließend. Schließlich ist der Polo ja heute auch so groß wie vor Jahren ein Golf.
      Viele Grüße
      Norbert
      ____________________________________
      02/2021 - VW ID.3 Pro Max | E-Autobiografie


      Teilnehmer e-Golf-Treffen MO (2017), HMÜ (2018/2019/2021)
      , HN (2020), Mühbrook (2022)
    • Zumindest beim Astra wurde der Fahrradträger aus Kostengründen gestrichen...
      würde mich überraschen wenn der beim neuen Corsa bleibt.

      Aber mal sehen, damals war es ja noch GM

      Und ja der Corsa ist ein Kleinwagen wie der Polo. Müsste preislich daher eigentlich unter dem VW Neo starten, weil eine Klasse tiefer.
      Sonst wird er es schwierig haben. Mal sehen ob sie das schaffen ;)
    • Nozuka schrieb:

      würde mich überraschen wenn der beim neuen Corsa bleibt.
      War doch "nur" Sonder-Zubehör: nicht ganz billig und deswegen haben wohl die Meisten darauf verzichtet. Selber Schuld! Für mich war (und ist) das Teil die perfekte Lösung für einen Fahrrad-Träger...zumindest wenn man "nur" 2 Räder transportieren will.

      P.S. einziger Nachteil: teilweise falsches Material und schlampige Fertigung...
      Gruß, Jürgen (ab 11/17)
      "Die Dauer um von A nach B zu kommen, wird von Strecke und Durchschnittsgeschwindigkeit bestimmt, NICHT von der Höchstgeschwindigkeit."