Die Elektromobilität scheint Fahrt aufzunehmen. Doch wie sieht es in deutschen Autohäusern derzeit tatsächlich aus? Beobachtungen aus dem Handel.
Jürgen Sangl aus Landsberg am Lech ist sehr zufrieden. Seit Ende 2016 verkauft der Hyundai-Partner Elektromodelle des koreanischen Herstellers – im Herbst wird er die Schwelle von 1000 ausgelieferten Stromern überschreiten. Neben dem Ioniq, den er allein 2017 mehr als 400-mal verkauft hat, bringt Sangl seit Sommer 2018 auch das kompakte Elektro-SUV Kona an den Kunden. "Wir haben 390 Kona in weniger als zwölf Monaten ausgeliefert", sagt Sangl. Statistisch verkaufte er also pro Tag etwas mehr als einen Kona.
Dass die Umweltprämie erneut verlängert werden soll, befürwortet Sangl: "Für den Verbraucher ist so eine Prämie auf jeden Fall ein Anreiz, egal ob es um 100 oder 2000 Euro geht. Rational ist das häufig nicht nachzuvollziehen. Aber wenn es Geld vom Staat gibt, greifen die Leute gerne zu."
Dass die Umweltprämie zielführend ist, bezweifelt Händlerkollege Burkhard Weller: "Auf jeden Fall gleicht die Prämie nicht den Mehrpreis für Elektroautos aus." Zudem sei der Preis ja auch nur eine Stellschraube neben der Infrastruktur und den Ladezeiten. Immerhin glaubt der Chef der Wellergruppe, "dass die Industrie jetzt so weit ist". Die IAA im September in Frankfurt habe "fahrbare und kaufbare Autos" gezeigt. Allerdings dürfe man "nicht in den Hype verfallen, dass sich jetzt die ganze Welt verändert", so Weller weiter.
Hyundai-Händler Sangl rechnet damit, dass der Elektro-Anteil an den Zulassungen bis 2021 signifikant steigen wird – auch wenn die Stromer-Quote im August laut Kraftfahrt-Bundesamt bei gerade mal 1,6 Prozent lag. "Die Richtung stimmt", sagt Sangl, "weil die Hersteller jetzt liefern müssen – nicht unbedingt wollen." Laut Sangl kann man nur über Gesetze etwas erreichen. "Freiwilligkeit gibt es im Industriebereich nicht, gemacht wird nur, was Geld einbringt oder wozu man verpflichtet wird." Dass einige Hersteller sogar über eine verpflichtende Elektroquote für die Händler nachdenken, findet er grenzwertig. "Denn dann müsste der Handel auslöffeln, was der Hersteller verbockt hat."
E-Autos "kein vollwertiger Ersatz"
Wie gut die Autohändler auf eine steigende Nachfrage nach Elektroautos vorbereitet sind, hat jüngst der Bundesverband eMobilität (BEM) untersucht. Das Ergebnis war ernüchternd. Demnach fühlten sich die 1100 befragten Verbraucher auf der Suche nach einem Elektroauto mehrheitlich schlecht beraten. 62 Prozent gaben an, auf den Webseiten der Hersteller und Händler keine oder nur unzureichende Argumente für den Kauf eines Stromers zu finden.
Stattdessen waren die Online-Angebote nach Auffassung der Befragten auf Verbrenner-Modelle ausgelegt. Und 36 Prozent gaben an, dass sie auch der Besuch im Autohaus nicht vom Kauf eines Elektroautos überzeugen konnte. Thomas Peckruhn, Vizepräsident des Branchenverbands ZDK und Sprecher der Fabrikatshändler, verteidigt seine Kollegen: "Verkäufer beschäftigen sich – ähnlich wie Kunden – erst dann intensiv mit einem Thema, wenn sie auch wirklich etwas dazu anzubieten haben. Deshalb glaube ich nicht, dass es eine grundsätzliche Ablehnung gibt."
Weller sieht das ähnlich und erklärt den Befund aus der BEM-Befragung damit, dass bei vielen Marken Elektroautos und Hybride nur eine Randerscheinung sind und sich die Verkäufer deshalb noch nicht damit beschäftigten.
"Bei uns ist das anders", stellt er klar. Seine Toyota-Verkäufer seien "mit dem Hybrid groß geworden". Und bei BMW, wo es ein sehr breites Modellspektrum gebe, "tauschen wir die Verkäufer innerhalb unserer Häuser aus, damit ein Elektrokunde nicht von einem M-Verkäufer bedient wird", sagt Weller mit Blick auf Verkäufer der besonders stark motorisierten BMW-Modelle.
Dass sich Werkstattketten zunehmend für den Service von E-Autos rüsten, bereitet Weller kein Kopfzerbrechen. Da die E-Autos alle sehr jung sind und über die Garantie abgedeckt, "wird es noch ein paar Jahre dauern, bis sie bei den Freien landen".
Die Fokussierung auf die Elektroautos hält ZDK-Vize Peckruhn für falsch, denn sie seien "kein vollwertiger Ersatz für konventionelle Fahrzeuge". Auch deshalb plädiert der ZDK beim Antrieb der Zukunft für Technologieoffenheit. Alternativen wie Erdgas oder synthetische Kraftstoffe blieben in der aktuellen Diskussion außen vor. Peckruhn: "Hier brauchen wir die gleiche Förderung wie für E-Autos. Dasselbe gilt für die Brennstoffzelle."
Quelle. automobilwoche.de
Jürgen Sangl aus Landsberg am Lech ist sehr zufrieden. Seit Ende 2016 verkauft der Hyundai-Partner Elektromodelle des koreanischen Herstellers – im Herbst wird er die Schwelle von 1000 ausgelieferten Stromern überschreiten. Neben dem Ioniq, den er allein 2017 mehr als 400-mal verkauft hat, bringt Sangl seit Sommer 2018 auch das kompakte Elektro-SUV Kona an den Kunden. "Wir haben 390 Kona in weniger als zwölf Monaten ausgeliefert", sagt Sangl. Statistisch verkaufte er also pro Tag etwas mehr als einen Kona.
Dass die Umweltprämie erneut verlängert werden soll, befürwortet Sangl: "Für den Verbraucher ist so eine Prämie auf jeden Fall ein Anreiz, egal ob es um 100 oder 2000 Euro geht. Rational ist das häufig nicht nachzuvollziehen. Aber wenn es Geld vom Staat gibt, greifen die Leute gerne zu."
Dass die Umweltprämie zielführend ist, bezweifelt Händlerkollege Burkhard Weller: "Auf jeden Fall gleicht die Prämie nicht den Mehrpreis für Elektroautos aus." Zudem sei der Preis ja auch nur eine Stellschraube neben der Infrastruktur und den Ladezeiten. Immerhin glaubt der Chef der Wellergruppe, "dass die Industrie jetzt so weit ist". Die IAA im September in Frankfurt habe "fahrbare und kaufbare Autos" gezeigt. Allerdings dürfe man "nicht in den Hype verfallen, dass sich jetzt die ganze Welt verändert", so Weller weiter.
Hyundai-Händler Sangl rechnet damit, dass der Elektro-Anteil an den Zulassungen bis 2021 signifikant steigen wird – auch wenn die Stromer-Quote im August laut Kraftfahrt-Bundesamt bei gerade mal 1,6 Prozent lag. "Die Richtung stimmt", sagt Sangl, "weil die Hersteller jetzt liefern müssen – nicht unbedingt wollen." Laut Sangl kann man nur über Gesetze etwas erreichen. "Freiwilligkeit gibt es im Industriebereich nicht, gemacht wird nur, was Geld einbringt oder wozu man verpflichtet wird." Dass einige Hersteller sogar über eine verpflichtende Elektroquote für die Händler nachdenken, findet er grenzwertig. "Denn dann müsste der Handel auslöffeln, was der Hersteller verbockt hat."
E-Autos "kein vollwertiger Ersatz"
Wie gut die Autohändler auf eine steigende Nachfrage nach Elektroautos vorbereitet sind, hat jüngst der Bundesverband eMobilität (BEM) untersucht. Das Ergebnis war ernüchternd. Demnach fühlten sich die 1100 befragten Verbraucher auf der Suche nach einem Elektroauto mehrheitlich schlecht beraten. 62 Prozent gaben an, auf den Webseiten der Hersteller und Händler keine oder nur unzureichende Argumente für den Kauf eines Stromers zu finden.
Stattdessen waren die Online-Angebote nach Auffassung der Befragten auf Verbrenner-Modelle ausgelegt. Und 36 Prozent gaben an, dass sie auch der Besuch im Autohaus nicht vom Kauf eines Elektroautos überzeugen konnte. Thomas Peckruhn, Vizepräsident des Branchenverbands ZDK und Sprecher der Fabrikatshändler, verteidigt seine Kollegen: "Verkäufer beschäftigen sich – ähnlich wie Kunden – erst dann intensiv mit einem Thema, wenn sie auch wirklich etwas dazu anzubieten haben. Deshalb glaube ich nicht, dass es eine grundsätzliche Ablehnung gibt."
Weller sieht das ähnlich und erklärt den Befund aus der BEM-Befragung damit, dass bei vielen Marken Elektroautos und Hybride nur eine Randerscheinung sind und sich die Verkäufer deshalb noch nicht damit beschäftigten.
"Bei uns ist das anders", stellt er klar. Seine Toyota-Verkäufer seien "mit dem Hybrid groß geworden". Und bei BMW, wo es ein sehr breites Modellspektrum gebe, "tauschen wir die Verkäufer innerhalb unserer Häuser aus, damit ein Elektrokunde nicht von einem M-Verkäufer bedient wird", sagt Weller mit Blick auf Verkäufer der besonders stark motorisierten BMW-Modelle.
Dass sich Werkstattketten zunehmend für den Service von E-Autos rüsten, bereitet Weller kein Kopfzerbrechen. Da die E-Autos alle sehr jung sind und über die Garantie abgedeckt, "wird es noch ein paar Jahre dauern, bis sie bei den Freien landen".
Die Fokussierung auf die Elektroautos hält ZDK-Vize Peckruhn für falsch, denn sie seien "kein vollwertiger Ersatz für konventionelle Fahrzeuge". Auch deshalb plädiert der ZDK beim Antrieb der Zukunft für Technologieoffenheit. Alternativen wie Erdgas oder synthetische Kraftstoffe blieben in der aktuellen Diskussion außen vor. Peckruhn: "Hier brauchen wir die gleiche Förderung wie für E-Autos. Dasselbe gilt für die Brennstoffzelle."
Quelle. automobilwoche.de
Gruß
Uwe
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