Warum die Auswahl des richtigen Reifens entscheidend ist

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    • Warum die Auswahl des richtigen Reifens entscheidend ist

      Hallo Zusammen,

      da hier ja immer wieder mal das Thema mit dem Einfluss der Reifen auf die Reichweite angerissen wird dachte ich, ich könnte hier mal meine aktuellen (und schlechten) Erfahrungen teilen und hoffentlich einfach verständlich visualisieren. Darf gerne auch geteilt werden...

      Vor einigen Wochen habe ich beim Freundlichen neue Sommerreifen der Marke Nexen bestellt. Weil mein gewünschtes Modell „N’Fera SU4“ nicht mehr verfügbar war habe ich mich im Irrglauben daran, dass es nicht viel Unterschied geben könnte, für den Vorgängerreifen „N’Fera SU1“ entschieden. Wie sich herausstellt hat der SU4 eine Kraftstoffeffizienzklasse „B“, während der SU1 nur mit „E“ eingestuft wird. Das entspricht laut der EU-Verordnung einem Mehrverbrauch von 0,26 Litern auf 100 km. Messbar, aber vermutlich nicht so schlimm, möchte man meinen. Dass diese Schlussfolgerung nicht auf Elektroautos zutrifft merke ich im Alltag deutlich. Nachfolgend möchte ich versuchen darzustellen, warum das so ist.

      Fangen wir an…

      • Mein e-Golf hat 100 kW Spitzenleistung und verbraucht laut WLTP-Normzyklus 15,8 kWh/100km. Im Realbetrieb kann dieser Wert regelmäßig deutlich unterschritten werden; im Sommer benötigte ich bisher bspw. 13,1 kWh/100km und im Jahresmittel 15,1 kWh/100km. Der Gesamtdurchschnitt wird auf Spritmonitor mit 14,97 kWh/100km angegeben und ist damit sogar noch besser als mein persönlicher Verbrauch!
      • Ein etwa gleichwertiger Golf 7 mit DSG-Getriebe und 110 kW als Diesel verbraucht kombiniert gemäß WLTP-Normzyklus 5,4 l/100km. Im Realbetrieb wird dieser Wert wohl eher überschritten werden, denn laut Spritmonitor liegt der Verbrauch bei 6,04 l/100km für dieses Modell.
      • Ein moderner Dieselmotor kann einen Wirkungsgrad von bis zu 43 % erreichen. Allerdings ist das nur in einem ganz kleinen Last-/Drehzahlbereich der Fall. Im Realbetrieb unter Teillast dürfte der Wirkungsgrad eher bei ca. 25 % liegen; für eine konservative Betrachtung nehme ich jetzt einfach mal einen etwas höheren Wirkungsgrad von 30 % für meine nachfolgenden Berechnungen an.
      • Ein Elektroauto hat einen Wirkungsgrad von bis zu 90 %, wobei dieser Wert von der Last und der Drehzahl deutlich weniger beeinflusst wird als beim Verbrenner. Für eine konservative Betrachtung nehme ich hier einen etwas geringeren Wirkungsgrad von 85 % für die nachfolgenden Berechnungen an.
      • Im Langzeitdurchschnitt über 5000 km bei ca. 60 km/h hatte ich mit den alten Sommerreifen des Typs SU4 einen Verbrauch von 13,1 kWh/100km. Nach etwas über 2500 km mit den neuen Reifen des Typs SU1 hat sich mein Verbrauch bei gleichzeitiger Verringerung der Durchschnittsgeschwindigkeit um 7 km/h auf 14,7 kWh/100km erhöht. Da ich keine Lust habe, den zusätzlichen Mehrverbrauch durch die Geschwindigkeitsdifferenz zu berechnen kompensiere ich diese einfach mit angenommenen 0,2 kWh/100km, sodass ich auf einen gesamten Langzeitdurchschnitt von 14,9 kW/h komme. Das entspricht einer Steigerung von 13,74 %! Damit reduziert sich gleichzeitig meine theoretische Reichweite pro Netto-Vollzyklus (31,5 kWh nutzbare Akkukapazität) von 240 km auf nur noch 211 km. Da ich immer einen kleinen Puffer lasse kann ich also in Realität nur noch ca. 195 km statt 220 km fahren, bevor ich an die nächste Ladestation muss. Ärgerlich…
      Wieso fällt beim Elektroauto jetzt aber ein schlechter Rollwiderstandswert der Reifen so derart auf, während er beim Verbrenner kaum messbar ist? Es liegt an der viel besseren Effizienz! Schauen wir uns dazu einmal folgende Diagramme an:






      • Da sich beim Elektroauto zumindest näherungsweise nur der Rollwiderstand erhöht, nicht aber die antriebsseitigen Verluste, teilt sich die Gesamterhöhung des Verbrauchs von 13,74 % auf eine Erhöhung des Verlustanteils von 0,0 % und eine Erhöhung des zum Vortrieb benötigten Stroms um 15,85 % auf.
      • Für eine vergleichbare Betrachtung müssen wir den Spritverbrauch des Verbrenners in seinen Energieinhalt (Heizwert 1 Liter Diesel = 9,7 kWh) umrechnen. Bei 6,04 l/100km wird im Verbrenner also Sprit mit einem Heizwert von 58,6 kWh/100km benötigt. Eine enorme Menge, wenn man mal darüber nachdenkt! Aufgrund des schlechten Wirkungsgrads des Dieselmotors von ca. 30 % werden allerdings nur 17,6 kWh/100km davon für den Vortrieb verwendet – die restlichen 41,0 kWh/100 km sind hauptsächlich thermische Verluste. Auch hier nehmen wir der Einfachheit halber wieder konservativ an, dass sich der Verlustanteil durch einen erhöhten Rollwiderstand nicht ändert (obwohl der Motor durch die Erhöhung der Last dann eigentlich etwas effizienter wird). Der laut EU-Reifenlabel ausgewiesene Mehrverbrauch von 0,26 l/100km bedeutet eine Erhöhung des Gesamtverbrauchs von 4,30 %. Das ist im Alltag vermutlich wirklich kaum spürbar. Tatsächlich erhöht sich aber die zum Vortrieb benötigte Energie um 14,41 %. Der Mehrverbrauch liegt damit in derselben Größenordnung wie meine gemessene Verbrauchserhöhung beim Elektroauto. Die Erkenntnis ist also: durch den schlechten Wirkungsgrad beim Verbrenner wird ohnehin so viel Energie verschwendet, dass die Erhöhung der tatsächlich zum Vortrieb benötigten Energie (die in etwa so groß ist wie beim Elektroauto) fast nicht mehr auffällt!
      Die hohen Wirkungsgrade des elektrischen Antriebs sind also dafür verantwortlich, dass jeder noch so kleine Mehrverbrauch (hoher Rollwiderstand der Reifen, niedriger Reifendruck, nasse Fahrbahn, hohe Luftdichte durch kalte Außentemperatur, …) sofort bemerkt wird. Das ist erst einmal ein Nachteil des Elektroautos, wenn man es aus Bequemlichkeitsaspekten heraus betrachtet. In Wirklichkeit offenbart es aber, wie verschwenderisch man beim Verbrenner tatsächlich mit begrenzten Ressourcen umgeht, wenn man eine zusätzliche Verschwendung noch nicht einmal bemerkt. Auch wenn ich die Reifen für die nächsten 40.000 km wohl weiter fahren werde (immerhin ein Mehrverbrauch von 720 kWh und ca. 216 € Energiekosten) – beim nächsten Mal weiß ich es besser!
      Liebe Grüße,
      Christoph

      e-Golf 300 seit 03/2018
    • Maverick78 schrieb:

      Ich hatte sogar bei A -> E Winterreifen sogar 20% mehrverbrauch beim 190er e-Golf
      Das entspricht laut dem Label auch einem Mehrverbrauch von 0,36 l/100km. Das würde rein rechnerisch bei der Betrachtung des Verbrenners einen Mehrverbrauch für die zum Vortrieb benötigte Energie von 19,97 % ergeben. Da dieser Anteil ja eigentlich gleich sein sollte (die Differenzen in meiner obigen Analyse dürften auf Ungenauigkeiten bei der Messung und Abschätzung zurückzuführen sein) entspricht das ziemlich genau den Erwartungen :thumbup:
      Liebe Grüße,
      Christoph

      e-Golf 300 seit 03/2018
    • Der Beitrag legt den Grund für den Mehrverbrauch, bei schon geringen Änderungen der Fahr(Zeug) Parameter, sehr gut dar.
      Kann man eigentlich die Energieeffizient eines Reifens an selbigem erkennen bzw ablesen(Code)?
      Ich habe auf meinem Dunlop Sport Maxx RT 225/40/18 montiert.
      Die 2 Reifen, die ich neu gekauft habe, haben Kraftstoffeffizienz B, es gibt den selben Reifen aber auch mit Kraftstoffeffizienz F und mich würde interessieren welche Kennung die "alten" 2019er Reifen haben. Das Profil ist schon mal etwas anders als bei den neu montierten.
      Grüße Michael
      1. E-Golf bestellt 12/19 bekommen 5/2020
      Verkauft 11/20
      2. E-Golf bestellt 06/20 voraus. Lieferung 38, 34KW abgeholt 32KW
      3. Tesla M3SR+ Schwarz, AHK am 23.04 bestellt. LT 20.05
      PV mit 22,32kwp und
      Mennekes Amtron Xtra 22kw
    • @Herr K Sehr schöne Darstellung, danke Christoph. Wenn man vom Grundsatz her 3/4 der Energie in Wärme umsetzt, ist es fast egal, ob man 72% oder 77% in Wärme umsetzt. Nicht so beim Elektroauto. Habe deshalb auf Empfehlung hier aus dem Forum den Dunlop Blue Response montiert.
      Gruss Christian

      1. e-Golf 300 (seit 04/2018) Schnee, Höhenmeter, Rom, Kroatien...alles kein Problem
      2. e-tron 55 (ab 04/2022)


      PV 14,4 kWp Nulleinspeisung (Fronius Symo/Ohm-/Wattpilot), +26qm Solar th.
    • Ich hatte dieses Jahr wegen Corona meine Winterreifen draufgelassen.
      War nicht das erste Mal bei vorherigen Fahrzeugen. Ich habe damit auch Fahrertraining mit meinen vorherigen Autos (im Sommer) absolviert ;)
      War auch kein Problem, falls jemand sagt: "Leichtsinnig"

      Vom Verbrauch merke ich keinerlei Unterschied beim EGolf.
      Die Original Sommerreifen sind inzwischen durch Sägezahnbildung so penetrant laut :cursing: Nervig.
      Grüße
      Andreas
    • Ich habe mir Goodyear EfficientGrip 205/50 R17 Sommerreifen direkt nach der Werksabholung draufziehen lassen
      (89V 66/1/B/A/C1
      Kraftstoffeffizienzklasse: B, Nasshaftungsklasse: A, Rollgeräuschemissionsklasse: 1, Rollgeräusch-Messwert (dB): 66)

      Der Verbrauch bewegt sich aktuell noch - bei gleichen Wetterbedingungen - bei 13,x kw. Mal sehen wo ich langfristig lande.
      Meine Konfig: Fahrassi+/WP/Winterpaket/AID/Frontscheibe Infrarot/Seitenscheiben dunkel/
      Hinweis: Meine Beiträge werden häufig diktiert und enthalten gegebenenfalls Fehler.
    • ringpfeil schrieb:

      ... Vom Verbrauch merke ich keinerlei Unterschied beim EGolf.



      Die Original Sommerreifen sind inzwischen durch Sägezahnbildung so penetrant laut :cursing: Nervig.
      Grüße
      Andreas
      Hallo Andreas,

      Dem kann ich nur zustimmen!
      Bereits bei der Probefahrt eines 10tkm jungen Gebrauchten vom Freundlichen habe ich das überaus laute laute Sägezahnablaufgeräusch der Reifen bemängelt. Das Problem ist den Händlern bekannt. :dash:
    • sferon schrieb:

      toller Beitrag ;) Danke!!
      Würde es sich nicht rechnen sofort effizientere Reifen zu kaufen?
      Bei einer alten Gefriertruhe lohnt es sich allemal diese zu erneuern.
      LG Dominik
      Jein. Zuerst habe ich die zusätzlichen Energiekosten mit 0,30 €/kWh angesetzt. In Wirklichkeit liegen meine Energiekosten aber niedriger, weil ich in der Firma kostenlos laden kann. Der Stromverbrauch ist also immer noch höher, aber ich bleibe selbst nicht auf den gesamten Mehrkosten sitzen. Würde ich die Reifen verkaufen, dann fährt sie halt ein Verbrenner, der noch mehr Energie verschwendet, weil er sich stattdessen keinen effizienteren Reifen gekauft hat :D Bis die Reifen von den Felgen unten und die neuen wieder drauf sind und die Räder gewuchtet wurden bin ich 80 € los. Das gleiche musste ich schon beim vorherigen Reifenwechsel zahlen (wobei ich das einmal natürlich ohnehin hätte machen müssen) :whistling: . Rechnet man jetzt noch dazu, dass ich die Reifen als Gebrauchtware mit vielleicht höchstens 60-70 % des Neupreises an den Mann bringen könnte (und damit erstmal Arbeit hätte und das Risiko, dass sich kein Käufer findet), dann komme ich vermutlich allerhöchstens auf ein Nullsummenspiel. Den Stress geb ich mir nicht und verbuche die Erfahrung unter Lehrgeld :fie:
      Liebe Grüße,
      Christoph

      e-Golf 300 seit 03/2018
    • Da ich noch auf meinen E-Golf warte und den vermutlich mitten in der Wintersaison abholen muss, mache ich mir auch schon mal Gedanken wegen der Reifen...

      Das Auto ist nur ein Drittwagen und wird vielleicht 10TKM im Jahr bewegt.

      Habe gerade die Überlegung, mir einen Satz günstige wintertaugliche 18 Zoll Räder rauszusuchen und darauf Allwetterreifen in 225/40R18 zu ziehen, die eine Energieklassifizierung C haben (Goodyear 4 Season).

      Dann kann ich die Astana einlagern und liegen lassen bis zum Leasingende.

      Der Komplettradsatz würde mit knapp 800,- Euro kosten und damit auch nicht viel teurer wie ein 2. Satz für Winterräder.

      Machen Allwetterreifen bei so einem Auto Sinn?

      (bin eigentlich kein Freund davon, aber habe gerade für meinen Tesla 1950,- Euro für 20 Zoll Winterräder "versenkt"... :heulen: )
    • Zur Erinnerung an alle, die glauben, dass ihre Reifen noch (viel) zu lange halten werden: in der Schweiz gibt es viele Löcher, aber wenn möglich, macht es über die Berge mehr Spass. :D Meine Reifen wurden noch nie alt und spröde. :rofl:
      Mit e-Golf Model 2016 in Betrieb seit 28.12.2015 am 1. e-Golf Treffen am Bodensee, am 2. in Moers und am 3. in Hann. Münden dabei gewesen :thumbup: :musicextrem:
    • Adi schrieb:

      Zur Erinnerung an alle, die glauben, dass ihre Reifen noch (viel) zu lange halten werden: in der Schweiz gibt es viele Löcher, aber wenn möglich, macht es über die Berge mehr Spass. :D Meine Reifen wurden noch nie alt und spröde. :rofl:
      Vielleicht sollten wir mal durchtauschen? Ich bekomme deine noch gut haftenden mit wenig Profil und du nimmst meine alten harten rissigen mit mehr Profil? Dann musst aber auf 215/35 ZR19 und 195/65 R15 umstellen :)

      Meine aktuellen Winterreifen sind aus dem Jahr 2011 haben noch etwa 6 mm Profil. Und das obwohl ich sie jetzt schon das 2. Mal auch im Sommer drauf gelassen habe. Meine letzten Sommerreifen hab ich 2008 gekauft und 2017 mit etwa 5 mm Profil entsorgt weil hart und rissig.
      Gruß,
      Stephan

      Kraft macht keinen Lärm, sie ist da und wirkt. - Albert Schweitzer