Batterie, Antrieb, Ladesäulen: So viel VW steckt im ID.

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    • Batterie, Antrieb, Ladesäulen: So viel VW steckt im ID.

      Damit die E-Mobilität nicht zum Jobkiller wird, setzt VW auf mehr eigene Teile in seinen Stromern ID.3 und ID.4. Statt Verbrennungsmotor, Getriebe und Wärmetauscher liefern die konzerneigenen Zulieferwerke jetzt Batterien, E-Antriebe und Ladesäulen. Und sie kommen damit sogar auf einen höheren Eigenanteil als bei Golf & Co.

      Mit dieser Zahl ist VW-Komponentenchef Thomas Schmall sehr zufrieden: 40 Prozent. So hoch liegt der Eigenanteil von VW an der Wertschöpfung beim ID.3. Deutlich mehr als bisher beim Verbrenner, wo es im Schnitt nur 30 Prozent waren. Und auch der zweite MEB-Stromer ID.4 kommt auf den gleichen Eigenanteil. "Wir sind wirklich stolz darauf, dass es uns gelungen ist, den Wertschöpfungsanteilzu erhöhen."
      Und das, obwohl wichtige Bauteile, die VW bei Golf, Polo und Passat selbst herstellt, beim ID.3 komplett wegfallen, allen voran der Verbrennungsmotor. Dass der Eigenanteil trotzdem steigt, ist vor allem einem Bauteil zu verdanken: dem Batteriesystem samt Hochvoltspeicher. "Das", so Schmall, "ist der größte Wertschöpfungsanteil."

      Batteriemodule statt Kunststoffteile

      Produziert werden die Systeme im Werk Braunschweig. Die Umstellung der bisherigen Kunststofffertigung ist Teil des ehrgeizigen Plans, mit dem Schmall die VW-Zuliefersparte auf Elektromobilität trimmt. Schon 2015, als der Dieselskandal VW erschütterte, habe man angefangen, sich gezielt nach neuen Geschäftsfeldern umzusehen.
      "Wir hatten 2015 immensen Druck, uns neu zu erfinden", sagt Schmall. "Es war klar, dass das Geschäftsmodell der Komponente, das überwiegend auf dem Verbrennungsmotor beruhte, ein Auslaufmodell ist. Man muss sich neu erfinden und in neue Felder hinein transformieren."
      Im Getriebewerk in Kassel entstehen jetzt E-Antriebe. Das Motorenwerk in Salzgitter liefert Rotor und Stator zu, Hannover baut statt Wärmetauschern Ladesysteme. Zusätzlich entsteht in Salzgitter bis 2024 eine eigene Zellproduktion, die VW zusammen mit Northvolt aufbaut. "Damit sichern wir die Zukunft der Komponente."

      Schwierige Rohstoffbeschaffung

      Die Batterie ist dabei nicht nur das mit Abstand teuerste Bauteil der E-Fahrzeuge. Sie ist für VW auch die größte Herausforderung bei dem Ziel, die Produktion bilanziell CO2-neutral und nachhaltig zu machen. Sowohl die Herstellung der Batteriezellen wie auch die Gewinnung der Rohstoffe sind extrem energieintensiv. Zudem kommen die Rohstoffe, die vor allem in der Demokratischen Republik Kongo und in Chile abgebaut werden, oft aus zweifelhaften Quellen.
      "Das Problem ist, dass selbst unsere Batterielieferanten teilweise schwer nachvollziehen können, woher die einzelnen Bestandteile kommen", sagt Ullrich Gerecke, Leiter Beschaffungsstrategien bei Volkswagen. In den Verträgen mit den Lieferanten habe man daher Mindeststandards aufgestellt für eine transparente und verantwortungsvolle Lieferkette für Kobalt, Lithium, Nickel und Grafit. "Unser Ziel ist es, für diese ausgewählten Rohstoffe eine hundertprozentige Transparenz zu schaffen, die sich auch überprüfen lässt."
      Um dies zu erreichen, hat VW die auf Lieferketten-Analyse spezialisierte Agentur RCS Global ins Boot geholt. Diese überprüft vor Ort die Bedingungen bei den Lieferanten und Sublieferanten. "Die dort teilweise vorherrschenden Arbeitsbedingungen sind für Volkswagen inakzeptabel", sagt Gerecke. Kleinstminen, in denen Kinderarbeit nicht ausgeschlossen werden könne, habe man daher von der Ausschreibung ausgenommen.

      Grünstrom soll Zellen sauber machen

      Bei der Produktion der Zellen setzt VW auf Grünstrom. Bisher stellt der Konzern die Zellen allerdings noch nicht selbst her. Geliefert werden sie von LG Chem aus dem Werk im polnischen Kobierzyce bei Breslau. Dort komme ausschließlich zertifizierter Grünstrom zum Einsatz, sagt ein VW­-Sprecher. "So sinken die CO2­-Emissionen hier fast auf null."
      Den Einsatz von Ökostrom hatte VW bereits bei der Ausschreibung zur Bedingung gemacht, ebenso wie einen direkten Bahnanschluss. Denn der Transport der Zellen nach Braunschweig und auch der Weitertransport der Batteriesysteme nach Zwickau erfolgen aus­ schließlich per Zug. Die letzte Meile im Werk sollen dann Elektro­-Lkw übernehmen. Und auch der Abtransport der fertigen Autos geschieht vorrangig per Bahn.
      Damit die Züge CO2­-neutral fahren, speist die Bahn zusätzlichen Strom aus Wind­- und Wasserkraft in ihr Netz ein. In Polen funktioniert das allerdings nur zum Teil. Denn die Bahn­strecke dort ist noch nicht komplett elektrifiziert. Für den Transport auf den fehlenden Teil­stücken kommen klassische Diesellokszum Einsatz.

      Eigene Batteriefabrik in Salzgitter startet 2024

      Das könnte ab 2024 leichter wer­den, wenn in Salzgitter die eigene Zellproduktion in Betrieb geht. Von dort sind es nur 20 Kilometer bis nach Braunschweig. Die Kapazität werde aber nicht annähernd ausreichen, um den Bedarf zu befriedigen, sagt ein Sprecher. "Das wird nur zehn Prozent des Bedarfs abdecken. 90 Prozent werden wir weiter zukaufen."
      Der frühe Beginn des Umbaus der Komponentensparte mache sich längst bezahlt, ist sich Komponentenchef Schmall sicher. "Wir sind hier zwei, drei Jahre vor den meisten anderen Zulieferern. Weil wir uns sehr früh intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt haben." Das helfe am Ende auch dem Gesamtkonzern beim Hochfahren der ID-Produktion. "Wir konnten viele Dinge beschleunigen, da wir Inhouse-Lösungen bevorzugt haben, statt Aufgaben nach extern zu verlagern. Sonst hätten wir den Umstieg nicht so schnell geschafft."

      Zulieferer für Fremdfabrikate

      Langfristig hat Schmall noch größere Pläne. Er will nicht nur Teile zuliefern, sondern komplette Plattformen. "Wir sind schon heute einer der ganz wenigen Zulieferer, die in der Lage sind, eine komplette Plattform abzubilden - mit den Komponenten, die wir haben", sagte er stolz. "In 20 Jahren wollen wir ein führender Anbieter kompletter Elektro-Plattformen sein. Das ist für uns dann noch einmal ein großer Sprung, eine komplette E-Plattform anzubieten und nicht nur Einzelkomponenten."

      Und diese Plattformen will er dann nicht mehr nur an VW liefern. "Das ermöglicht uns dann den Sprung in den Drittmarkt. So können andere Unternehmen die komplette Plattform übernehmen und müssen nur noch eigene Hüte montieren."

      Mehr über ID.3 und ID.4 lesen Sie in der Edition "Volkswagen ID", zu beziehen unter www.automobilwoche.de/shop

      Quelle: automobilwoche.de
      Gruß
      Uwe