Immer mehr E-Auto-Batterien für Europa: Wie lokale Ressourcen und Recycling helfen können

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Immer mehr E-Auto-Batterien für Europa: Wie lokale Ressourcen und Recycling helfen können

      Die langfristigen Chancen der Elektromobilität hängen auch am Ökostrom-Angebot – und an hinreichender Zulieferung von Batterie-Rohstoffen. Eigene Ressourcen sollen Europas Versorgung absichern, dazu kommt mehr Recycling. Aber ob die Mengen genügen, ist noch nicht ausgemacht.

      Es ist ein Schreckensszenario für die gerade durchstartende, selbsternannte "E-Offensive" der Autobauer: Immer mehr Verbraucher interessieren sich für das elektrische Fahren, doch die Batterie-Produktion kann kaum Schritt halten. Vom Anziehen der Nachfrage überrascht, könnten viele Anbieter Versorgungsprobleme bekommen – ähnlich wie aktuell bei Mikrochips. Das Risiko, später nicht die nötige Menge an Zellmodulen verfügbar zu haben, beschäftigt die Branche. Europas Hersteller weiten ihre Kapazitäten aus. Woher aber all die Rohstoffe für Akkus und Elektronik nehmen?
      Eine Idee: mehr Materialien gleich auf dem Kontinent fördern, zumal in Zeiten brüchiger globaler Lieferketten und hoher Abhängigkeit von asiatischen Lieferanten. Diesen Ansatz verfolgt etwa Eurobattery Minerals (EBM). Die schwedische Bergbau- und Erkundungsfirma will den Grad der Selbstversorgung mit Nickel, Kobalt und Kupfer für Batterien in E-Autos erhöhen. Ziel ist außerdem eine stärkere innereuropäische Gewinnung Seltener Erden, die zum Beispiel in Elektromotoren stecken.

      Rohstoffe aus europäischen Quellen

      Dabei geht es dem Unternehmen nach eigenen Angaben auch um die Standards beim Abbau. "Hauptlieferanten dieser Materialien sind derzeit China, Kongo und Chile, wo die Rohstoffe unter verheerenden Bedingungen gewonnen werden", so EBM. Nichtregierungs- wie UN-Organisationen haben die Ausbeutung unter teils haarsträubenden ökologischen und humanitären Umständen schon oft verurteilt, manche politische Akteure ziehen auch mit Gewalt enorme Gewinne aus "Konfliktrohstoffen". EBM-Chef Roberto García Martínez verspricht einen "Fokus auf ethische Produktion und Rückverfolgbarkeit".
      Doch selbst wenn die Kontrolle in Europa besser gelingen mag: Ist ein Rohstoffbezug ausschließlich aus eigenen Quellen angesichts der erwarteten Batterie-Volumina überhaupt realistisch? Martínez glaubt daran. EBM hat mit Forschern Bergbauvorhaben in Schweden, Finnland und Nordspanien aufgelegt – seit Kurzem ist die Firma auch in Deutschland börsennotiert. Besonders in Finnland sieht Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer ebenfalls noch mehr Potenzial im "Batterie-Bergbau" und in der Verarbeitung. Dort beteiligt sich auch BASF an Projekten.

      Fabriken für Batteriezellen

      Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hält ergänzende Förderung in Europa für wichtig. Ob eine Alleinversorgung bei hochlaufender E-Mobilität gelinge, sei jedoch eine andere Frage. "Man ist hier nach wie vor auch abhängig von anderen Lieferanten", so der Chef der Deutschen Rohstoffagentur in der BGR, Peter Buchholz. "Es ist gut, wenn in Europa zusätzlich eigene Kapazitäten aufgebaut werden. Nur müssen die Projekte kostenmäßig wettbewerbsfähig sein." Nickel werde in Kanada oder Australien "nach den besten verfügbaren Umwelt- und Sozialstandards" abgebaut. Und: "Finnland ist schon jetzt ein interessanter Standort für Nickel- und Kobaltverbindungen."
      Ganz neu ist das Anzapfen heimischer Bestände also nicht. Felix Kuhnert von der Beratungsfirma PwC betont: "Volkswirtschaftlich ist es sinnvoll, eine europäische Lieferkette aufzubauen." Noch mehr als die Förderung der Rohstoffe sei aber "ihre Aufbereitung zu der in Batterien benötigten Reinheit in China zentralisiert – und würde von einem Aufbau europäischer Kapazitäten stark profitieren". Indirekt könnte das mithin Wettbewerbern in Fernost in die Hände spielen. "Der Aufbau von Fabriken für Batteriezellen hingegen erfolgt bereits so schnell, dass Mitte des Jahrzehnts Überkapazitäten drohen könnten."

      VDA für zweigleisige Strategie

      Der deutsche Autobranchenverband VDA befürwortet eine zweigleisige Rohstoffstrategie. "Kurz- und mittelfristig ist eine Selbstversorgung in der EU unrealistisch. Zwar gibt es erste Projekte, doch befinden sich diese zum größten Teil noch im Planungsstadium", heißt es. Ein Zurückfahren der weltweiten Vernetzung sei keine Option: "Deutschland und Europa als exportorientierte Standorte sind auf offenen Grenzen angewiesen. Ein Prinzip der Abschottung oder reiner Regionalisierung widerspricht dem Erfolgsmodell der europäischen Wirtschaft."
      Die Anforderungen an regionale Wertschöpfung und kurze Transportwege wachsen indes. Und auch die EU macht beim Batteriezell-Thema Druck: In der Rohstoffallianz ERMA laufen Gespräche über eine sicherere Versorgung mit wertvollen Mineralien. Der Vizechef der EU-Kommission, Maros Sefcovic, und Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton gaben Ende September den Start des Bündnisses bekannt. Verbände, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen können der Allianz beitreten.

      Recycling als Strategie der Zukunft

      Langfristig spielt auch eine Rolle, wie gut ausgediente Batterien wiederverwertet werden. "Bei einem Wachstum des jährlichen Bedarfs an neuen Batterien von heute 40 Gigawattstunden auf 500 Gigawattstunden bis 2030 und einer Haltedauer von über sieben Jahren ist die Rohstoff-Frage anfangs nicht über Recycling zu lösen", so Kuhnert. Es sei sinnvoll, in Pilotprojekten schon geschlossene Wertstoffketten aufzubauen. "Aber eine Industrialisierung dieser Wertstoff-Kreisläufe stellt die Autohersteller vor große Herausforderungen."
      VW etwa investiert bereits in das Thema. In Salzgitter, wo neben der zentralen Motorenfabrik bald eine eigene Zellproduktion steht, läuft das Recycling von Batterierohstoffen nun versuchsweise an. Es geht um Aluminium, Stahl und Kupfer, aber auch um Nickel, Mangan und Kobalt. Statt eines energieintensiven Nachschubs durch weiteren Bergbau und globale Transporte sollen die Stoffe aus Altteilen gewonnen und mit "Second-Life-Konzepten" weitergenutzt werden. Bisherigen Plänen zufolge will man hier 1200 Tonnen Batterien pro Jahr recyceln.

      Vorstandschef Herbert Diess hat im Konzern eine Gesamtverantwortung von der Beschaffung über den Bau bis zur Zweitverwendung ausgerufen. In die Batteriezell-Fertigung in Salzgitter steckt Volkswagen mehr als eine Milliarden Euro. (Von Jan Petermann, dpa/mer)

      Quelle: automobilwoche.de
      Gruß
      Uwe
    • Deutschland lebt seit Jahrhunderten vom Import von Rohstoffen. Früher hieß der kleine Kaufmannsladen am Ort, wo es alles gab, Kolonialwarenladen. Kaffee und Tabak wurden stets reichlich konsumiert während man darüber schwadronierte, dass Deutschland autark werden muss. Selbst der Rohrstock des Lehrers war Importware. Insofern ist es richtig, zuverlässige Belieferung mit Rohstoffen aus anderen Teilen der Welt zu organisieren und abzusichern. Das ist aber nicht neu. Das macht man schon immer und muss es auch weiterhin machen.

      Der Charme bei Zellchemien ist, dass sie im Wandel sind. Kobalt dürfte im Rückmarsch sein, die seltenen Erden werden seltener benutzt, Lithium dagegen dürfte auch mittelfristig eine große Rolle spielen. Bis man auch das ersetzen kann. Ansonsten ist ein Elektroauto immer noch im Wesentlichen ein Auto. Das musste sogar Tesla einsehen. Für Deutschland bedeutet das, es wird genau das weiterhin eingeführt, was man früher eingeführt hat. Das Carbon Experiment von BMW ist krachend gescheitert.

      Wenn Politik eingreifen sollte um Leitplanken zu stellen, ist das Thema Recycling auf jeden Fall das spannendste. Denn damit macht man sich ein Stück unabhängiger und vor allen Dingen macht es wirtschaftlich dann am Meisten Sinn, wenn so eine Recyclingstraße voll automatisiert läuft. Es passt zu Deutschland, so etwas zu entwickeln und zu bauen. Warum also nicht betreiben? Einen weiteren Punkt sehe ich bei der Produktion von Halbleitern und Mikroelektronik. Auch diese vollautomatisierten Reinraumproduktionen könnte man wieder in Deutschland abbilden, das hatte man ja mal im Fokus, hat es dann aber nicht weiterverfolgt. Jetzt sieht man, wie abhängig man von so einer Produktion ist. Im Grunde genommen sollte man prüfen, welche vollautomatisch laufenden Produktionen man noch ins Land zurückholt. Oft ist der Kostennachteil kaum noch vorhanden, wenn man sich den Strom übers Dach in die Firma holt. Nur personalintensive Prozesse, besonders wenn sie in das Hoheitsgebiet der klassischen Gewerkschaften fallen, kann man einfach nicht mehr hierzulande abbilden.